INTERVIEW MIT BETTINA WIDMER, KANDIDATIN VIZE- GEMEINDEPRÄSIDIUM

Auf deinem Wahlprospekt steht „Biodiversität statt Monokultur“. Kannst du das etwas näher erläutern?

Biodiversität ist abwechslungsreich, naturnah und bunt, lässt Raum für Vieles, währenddem Monokultur auf Dauer die Böden auslaugt und wenig Lebensraum für Insekten und Kleinlebewesen lässt.

Mit diesem Wahlslogan spreche ich folgende Thematik an: Seit vier Jahren ist das Gemeindepräsidium durch Daria Hof besetzt, das Vize-Gemeindepräsidium durch Florian Wüthrich. Beide vertreten die FDP, die in der letzten Legislatur drei von sieben Sitzen im Gemeinderat innehatte. Die andern drei Parteien, die bisher im Gemeinderat vertreten waren (SP, CVP und SVP) waren somit bisher nicht im Präsidium vertreten.

Bettina Widmer

Mit den Neuwahlen vom 25. April dieses Jahres veränderte sich die Sitzverteilung im Gemeinderat wie folgt: Die FDP behielt ihre 3 Sitze, die SP ihre zwei Sitze, die SVP ihren einen Sitz. Neu gewannen die Grünen einen Sitz. Die CVP trat leider nicht mehr zur Wahl an. Inzwischen sind also drei Sitze im Gemeinderat durch links-grün besetzt, was der Sitzzahl der FDP entspricht. Somit hätten also SP und Grüne zusammen ebenfalls Anspruch auf einen der beiden Sitze im Präsidium. Falls sowohl Daria Hof als auch Florian Wüthrich ihre Ämter als Präsidentin bzw. Vizepräsident behalten, entsteht ein Ungleichgewicht der politischen Kräfte im Dorf. Aus diesem Grund möchte die SP Wangen der «Monokultur» der FDP die «Biodiversität» entgegenhalten.

Was ist der Vorteil, wenn das Präsidium und das Vizepräsidium in verschiedenen politischen Händen ist?

Bestimmt fühlen sich bedeutend mehr Wählerinnen und Wähler repräsentiert, wenn nicht nur eine einzelne Partei die beiden Präsidiumssitze hält. Durch eine breitere politische Abstützung können sich neue Blickwinkel eröffnen und im Präsidium werden die Ansichten einer grösseren Anzahl von Wählerinnen und Wähler vertreten. Die Politik im Dorf wird auf diese Weise – bei einer ausgewogenen Verteilung der politischen Kräfte – gerechter.

Hat eine Vizegemeinderätin mehr Einfluss als ein „normales“ Mitglied des Gemeinderates?

Im «Normalbetrieb» hat eine Vizegemeindepräsidentin nicht mehr Einfluss als die andern Mitglieder des Gemeinderates. In speziellen Fällen, wie z. B. bei wichtigen Verhandlungen oder bestimmten repräsentativen Aufgaben zählt die Gemeindepräsidentin auf die Unterstützung des Vizepräsidiums. Bei Abwesenheit der Gemeindepräsidentin übernimmt zudem das Vizepräsidium die Geschäfte, bzw. die Sitzungsleitung des Gemeinderates.

Wie könntest du mit der aktuellen Gemeindepräsidentin Daria Hof zusammenarbeiten?

Da wir uns auch persönlich gut verstehen, könnte sich unsere Zusammenarbeit sehr gut entwickeln. Ich stelle mir vor, dass wir einen regen Austausch pflegen und heiklere Geschäfte vorbesprechen könnten. Auch die Sicht der «linksgrünen» Seite könnte damit bereits in die Vorbereitung der Geschäfte einfliessen und so zu ausgewogeneren Debatten führen. So hat sich z. B. bei der Diskussion zum Heizungsersatz in der Gemeindekanzlei gezeigt, dass die Meinung von breiten Teilen der Einwohnerschaft zu wenig respektiert wurde.

Gerne würde ich Daria Hof in ihrer schwierigen Aufgabe unterstützen.

Wie wünschst du dir allgemein die Zusammenarbeit im Gemeinderat?

Für die neue Legislaturperiode wünsche ich mir im Gemeinderat eine Zusammenarbeit, die den Namen «kollegial» verdient und die sich auf die sachliche Ebene von Geschäften fokussiert. Offenheit und Akzeptanz sind für mich nicht nur Schlagwörter.

Was sind aus deiner Sicht die drei wichtigsten Dinge, die für Wangen in nächster Zukunft anstehen?

  • Aufbau eines Dorfzentrums in der Danzmatt, die sich zu einem Begegnungszentrum für alle Wangnerinnen und Wangner entwickel.
  • Erweiterung der Schulanlage Hinterbüel unter Berücksichtigung der zeitgemässen Anforderungen an eine neue Schuleinrichtung aber auch unter Respektierung der eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten unserer Gemeinde.
  • Revision der Ortsplanung, die die Weichen stellt für die räumliche Entwicklung von Wangen für die nächsten 25-30 Jahre.

Dazu stellt sich auch die bange Frage, wie die Wangner Stimmbürgerinnen und Stimmbürger am 13. Juni zur geplanten Personenunterführung entscheiden werden. Persönlich hoffe ich darauf, dass sich hier eine klare Mehrheit für ein Ja entscheidet und sich damit für eine zukunftsgerichtete, einladende Verbindung der beiden Ortsteile ausspricht.

Im Gegensatz zu anderen Kandidierenden bist du selber nicht in Wangen aufgewachsen. Ist das ein Nachteil für dich? Oder siehst du darin gar einen Vorteil?

Zwar bin ich nicht in Wangen aufgewachsen, wohl aber in der näheren Region (Starrkich-Wil), wodurch mir der Grossraum Olten also sehr gut vertraut ist.
In Wangen – wie auch in Starrkirch-Wil – gibt es Menschen (und Geschichten) die «man einfach kennen muss». Sei es, weil sich diese Menschen so stark um das Dorf verdient gemacht haben, sei es aber auch, weil es «Originale» sind, ohne die man sich das Dorf schlicht nicht vorstellen kann. Auch nach bald 14 Jahren in Wangen lerne ich in Gesprächen mit «Urwangnern» immer wieder neue Geschichten und Charaktere kennen, was mich ein ums andere Mal fasziniert, belustigt oder auch erstaunt.

Und manchmal bin ich froh, weiss ich noch nicht alles über Wangen und seine BewohneriInnen und Bewohner und kann mir so auch kritische Fragen erlauben, weshalb sich denn z. B. bestimmte Entwicklungen immer wieder verzögern konnten und ob es denn Sinn macht, so lange in alten Strukturen zu verharren. Dieser «Aussenblick» lässt auch eine unvoreingenommene Sicht auf die Gemeinde zu.

Neu sind auch die Grünen im Gemeinderat Wangen vertreten. Ein paar Worte dazu?

Der Gründung der grünen Partei Wangen habe ich mit gemischten Gefühlen entgegengeschaut. Einerseits freute ich mich sehr darüber, dass nun die SP in der Vertretung der umweltpolitischen Anliegen Verstärkung bekam, andererseits befürchtete ich aber auch ein bisschen, dass dadurch der SP wichtige Stimmenanteile verloren gehen könnten, wie dies in der gesamten Schweiz zu beobachten war.

Wie die Wahlen in Wangen zeigten, stellte sich die grüne Partei auf Anhieb als starke politische Kraft heraus, die offensichtlich dem Bedürfnis einer grossen Gruppe von Wählerinnen und Wählern entsprach. Ich freue mich, dass durch die Stimmkraft der Grünen ein dritter «linksgrüner» Sitz dazugewonnen werden konnte und bin gespannt, welche Auswirkungen diese neue Konstellation haben werden.

Was sagst du dazu, dass die CVP keine Liste mehr gestellt hat und nicht mehr im Gemeinderat vertreten ist?

Dies finde ich persönlich sehr schade. Aus zahlreichen Gesprächen konnte ich erfahren, dass viele Wangnerinnen und Wangner die CVP-Ortspartei auf den Wahllisten vom 25. April vermisst hatten. Die CVP war in Wangen stets eine sehr wichtige politische Kraft und wäre dies bestimmt auch weiterhin. Leider hatten nun die Wählerinnen und Wähler der CVP keine Chance, «ihre» Partei wählen zu können und sehen sich für die kommende Legislatur wohl nicht mehr im Gemeinderat repräsentiert, was ich bedaure. Ich hoffe, dass sich die CVP gestärkt aus dieser «Gemeinderatspause» zurückmelden wird.

Wo findest du Erholung nebst Arbeit und Politik?

Politik empfinde ich nicht als Belastung, sondern als Hobby, das allerdings recht zeitaufwendig ist. Schnell und gut erhole ich mich in der Familie und mit Freunden, sei es beim Spielen, gutem Essen oder auf Ausflügen. Daneben lese ich gerne ein gutes Buch, mache Velotouren oder Wanderungen und schwimme in Aare, Badi oder See.

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